Angelika Wohofsky: Communications – Krise meistern mit bewusster Kommunikation (Teil 1 Krise meistern)

“Krise? Welche Krise? Und kommunizieren kann ja eh jeder, oder?” Wer so denken sollte gehört definitiv nicht zur Zielgruppe dieses Buches. Mag. Angelika Wohofsky, Unternehmensberaterin in Sachen digitale Kommunikation spannt einen weiten Bogen, der (Achtung, Wortwitz!) ganz schön spannend ist.

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Communications – Krise meistern mit bewusster Kommunikation

Bestandsaufnahme – Angstgesellschaft

Am Anfang steht eine Analyse der vorherrschenden Kommunikationsmuster in unserer Gesellschaft und in der Wirtschaft. Voller Gewalt, Frauenverachtend (oder zumindest ausblendend), Menschenverachtend, kriegerisch. Eng verknüpft mit unseren Prägungen in einer Kultur, die keine Fehler erträgt, zwanghaft Kontrolle behalten muss, alles vorgeblich rational abhandelt und dabei Intuition, Bauchgefühl leugnet (Hilfe! Weibliche Eigenschaften! Ja, die haben auch Männer.) oder im besten Fall nachträglich aufs Podest stellt. Nachher weiß (v.a.) Mann es ja immer besser.

Woher kommt diese enorme Aversion gegen Fehler in unserer Gesellschaft? Nackte Angst. Angst, ausgeliefert zu sein, Angst die vermeintliche Kontrolle zu verlieren. Angst, von einem unsichtbaren (Virus!) oder übermächtigen (Klima!) Gegner überrollt zu werden. Im Zeitalter der scheinbaren menschlichen Allmacht eine nicht zu bewältigende Zumutung. Auf Bedrohung, egal ob real oder eingebildet, reagieren wir mit Leugnen, Totstellen (“Pandemie? Klimawandel? Gibts nicht!” “Ich bin eh gesund, mich wirds nicht erwischen”), Flucht oder Angriff.

Stadien einer Krise

Um eine Krise meistern zu können, bedarf es jedoch eines ganz wichtigen ersten Schrittes: Anerkennung der Krise. Das ist (Interpretation des Rezensenten) gleichbedeutend damit, sich Angst einzugestehen statt sie zu leugnen, ein Gefühl zuzulassen, dass etwas nicht passt, statt dieses Gefühl zu verdrängen. Wird eine Krise nicht bereits im Frühstadium erkannt, so entfaltet sie sich in 5 Phasen, die zunehmend bedrohlich und irgendwann auch nicht mehr zu leugnen sind. Von der Stakeholderkrise zur Strategiekrise, der Produkt- und Absatzkrise zur Erfolgskrise und im Endstadium die Liquiditätskrise.

Je nachdem, wann die Krise anerkannt wird, fällt die Heftigkeit der nötigen Reaktion aus. Bei zu spät eingestandenen oder auch falsch diagnostizierten Krisen hilft meist nur mehr ein kompletter Neustart. Dann ist Loslassen angesagt. Auch darin haben wir meistens noch ganz viel Luft nach oben.

Angelika Wohofsky wagt das Gedankenexperiement, diese Krisenstadien eines Unternehmens auf eine Gesellschaft als Ganzes umzulegen und spätestens hier hat man den Eindruck, die Blaupause für das, was “da draußen” in der Politik, in der Gesellschaft grade vorgeht, in Händen zu halten. Diagnose: “Immer spielt […] Angst als gesellschaftlich tragende Emotion (sozialer Druck) eine wesentliche Rolle. […] Eines ist allen Strategien dabei gemein: aus Krisen führt nur aufrichtige Kommunikation, Transparenz und Ehrlichkeit und Verhaltensänderung heraus.” Ob das auch unsere politischen Entscheidungsträger wissen? Aber lassen wir die Kirche im Dorf, kehren wir lieber vor der eigenen Türe.

Die 5 Krisenphasen begleiten wir Menschen gerne mit ebenso 5 Reaktionsmustern. Leugnung, Zorn, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. Also könnten wir, bei entsprechender Selbstreflexion, eigentlich auch gut erkennen, wo wir gerade sind. Könnten wir. Und Krisen als Aufforderung zur persönlichen und auch unternehmerischen, gesellschaftlichen Weiterentwicklung erkennen. Ich für meinen Teil schaffe es mit jedem Tag ein wenig besser. Aber der Weg ist noch lang.

Generationentheorie

Im zweiten Teil des Buches verbindet Angelika Wohofsky das bisher erarbeitete mit der hierzulande kaum bekannten Generationentheorie der beiden US-amerikanischen Forscher (?) William Strauss und Neil Howe. Origineller Weise begegnen wir dieser Theorie aber reichlich entkernt in Aussagen über die Generationen X,Y,Z etc, ohne dass die dahinter liegende Theorie benannt wird. Diese Verbindung macht das Buch ungewöhnlich, auch außergewöhnlich und bietet – für mich – wesentliche neue Erkenntnisse.

Generationen-Archetypen und Wendungen

Grob gesagt unterteilt diese Theorie Menschen in vier Archetypen, die in Kohorten (bzw. Generationen) in einer Zeitspanne von ca. 20 Jahren ins Leben treten: Propheten, Nomaden, Helden und Künstler. Wesentlich ist nun die generationelle Prägung im Kindesalter, und im Kontext dieses Buches insbesondere deren Auswirkungen auf die Art, wie wir miteinander kommunizieren.

Diese Archetypen durchlaufen vier Zeitqualitäten, in der Theorie die vier Wendungen (Turnings) genannt: Hoch, Erwachen, Zersplitterung und Krise. “Eine Wendung stellt eine Abfolge von Ereignissen dar, die in den Lauf einer Handlung (den Lauf der Geschichte) korrigierend eingreifen, ihr eine überraschende Wendung verleihen.” Es ist nicht schwer zu erraten, in welcher dieser vier Qualitäten wir uns derzeit befinden. Welche Ausprägungen hat nun diese Zeitqualität? Wieder stärker werdender familiärer Zusammenhalt, überbeschützende Kindererziehung, Wettkampf als Ideal, vereinfachende, simple Antworten als Mainstream in der Weltsicht, aber auch erstarkender Gemeinschaftssinn und Fokussierung auf das Jetzt.

Jeder Generationen-Archetyp geht nun gemäß seiner Prägungen anders mit der Krise um. Die frohe Botschaft des Buches, “Krise meistern mit bewusster Kommunikation”, weist darauf hin, worauf es in den noch vor uns liegenden Krisenjahren ankommen wird: dass wir einander zuhören, denn jeder Archetyp hat wertvolles beizutragen, genauso wie jede Generationen natürlich auch Schatten hat, die wir mit bewusster Kommunikationen jedoch in Schach halten könnten.

Falls Sie sich nun fragen, welchem Archetypus Sie angehören, so erlaube ich mir den Hinweis, dass ich, Jahrgang 1969, in der Mitte der Generation X liegend, ein Nomade bin, die Babyboomer Propheten und die Millenials (Jahrgänge 1982-2000) Helden sind. Es sind die Nomaden, denen die Aufgabe zufällt, als Leader durch die Krise zu führen und dann das Zepter an die nachfolgenden Künstler zu übergeben, die darauf aufbauend das nächste Hoch gestalten können.

Empfehlungen

Angelika Wohofsky empfiehlt u.a. den Aufbau einer Kultur der Zusammenarbeit, der Stärkung von Teamwork, von Konsensbildung, aber auch mehr Gewicht auf Pflichten als auf Rechte zu legen, kleinere Brötchen zu backen und gute Nachbarschaft zu pflegen. Sie mahnt auch, dass alle diese Schritte nur gelingen werden, wenn wir bewusster zu kommunizieren beginnen. “Wer immer noch auf Rechthaberei, Durchsetzung und Machtspiele in der Kommunikation setzt, wird in Krisenjahren verlieren.”

Abgerundet wird das Buch mit expliziten Empfehlungen an die Vertreter der einzelnen Generationen. Diese Erkenntnisse möge die interessierte Leserin, der interessierte Leser nun selbst herausfinden. Ich hoffe, ich habe die Neugier geweckt.

Fazit

Das Buch ist absolut lesenswert, das Aufgreifen der Generationentheorie bietet neue, ungewöhnliche Einblicke. Gleichzeitig unterhaltsam bietet es Orientierung, wie wir als Individuen, als UnternehmerInnen, als Gesellschaft mit der Krise umgehen könnten, um das Beste aus ihr heraus zu holen.

(Hinweis: da diese Theorie im deutschen Sprachraum nur wenig rezipiert wurde sind Recherchen zur Generationentheorie im Internet auf Englisch ergiebiger, ; z.B. Wikipedia, Artikel in der New York Times)

Mag. Angelika Wohofsky
Angelika Wohofsky ist Unternehmensberaterin für digitale Kommunikation, Germanistin und Geografin (hier gehts zu ihrer Website)

Communications – Krise meistern mit bewusster Kommunikation
Das Buch ist im Eigenverlag erschienen.
ISBN 9783753133959
172 Seiten, € 19,80

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