Interview mit Mag. Gloria Bottaro, Innovationsforscherin an der Universität Wien

Warum ist die Ideenfindung wichtig für Innovation?

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Mag. Gloria Bottaro, Innovationsforscherin an der Universität Wien

Ich würde eher von Ideenentwicklung sprechen. Wir haben oft dieses romantische Bild vom einsamen Genie, dem plötzlich die zündende Idee einfällt. Aber eine Idee zu entwickeln ist nichts Zufälliges, es ist ein Prozess. Auch dem scheinbar einsamen Genie fällt die Idee ja nicht einfach so in den Schoß – er/sie hat vorher viel dafür getan: intensiv recherchiert, immer wieder ausprobiert, mit zahlreichen Menschen darüber gesprochen und mindestens ebenso viele Misserfolge erlebt.

Aus unserer Forschung wissen wir übrigens ganz genau, wie die berühmten Aha-Momente entstehen – und wie man sie gezielt herbeiführen kann. Das ist keine Magie, sondern etwas, das man lernen kann.

Wenn wir uns dabei im stillen Kämmerchen einschließen – also wie Gollum aus „Herr der Ringe“ unseren Schaaaatz bewachen… – passiert nicht viel. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass wir den Austausch mit anderen brauchen, damit sich eine Idee entwickeln kann. Unser Gehirn mag Routine, auch im Denken. Impulse von Außen bringen das Gehirn hingegen auf Trab.

„Freiwillig ändert unser Gehirn seine Denkpfade nicht!“

Das ist insofern wichtig, weil unser Gehirn seine Denkpfade, bzw. Denkmuster nicht freiwillig verändert. Wir brauchen also förmlich den Anstoß von außen, damit wir überhaupt neue Gedanken denken können. Je unterschiedlicher die Inputs sind, umso wirksamer sind sie auch: Weil wir dadurch den Kopf für eine Vielzahl von Möglichkeiten öffnen, also gleich mehrfach über den eigenen Tellerrand raus schauen. Dadurch erhöhen wir unsere Chancen, etwas Neues zu denken.

Welche Aspekte des Denkens sollten wir uns besonders genau ansehen?

Unser Gehirn ist – wie schon gesagt – ziemlich faul. Es verbraucht im Vergleich zu unserem restlichen Körper nämlich unglaublich viel Energie. Deshalb versucht es ständig Energie zu sparen und effizient zu sein. Beispielsweise, indem es schnelle Urteile fällt und, sofern möglich, immer das Gleiche denkt.

„Das Gehirn ist ziemlich faul. Reflektieren kostet viel Energie.“

Das hat auch aus evolutionärer Perspektive seinen Sinn. Unser Gehirn hat sich in den vergangenen 10.000 Jahre nicht sonderlich verändert. Damals war es überlebenswichtig, schnell zu denken: Wenn ein Säbelzahntiger vor dir steht, lauf! Wer da einmal nur einen Moment zu lange innehielt, um darüber nachzudenken, wie man die Situation vielleicht anders sehen könnte, wurde ziemlich rasch aufgefressen.

Das langsame Denken, also Innehalten, andere Perspektiven einnehmen, Reflektieren… das kostet viel Energie und Überwindung. Aber es ist die einzige Möglichkeit, auf neue Gedanken und Ideen zu kommen. Und genau die werden im 21. Jahrhundert für unser Überleben entscheidend sein.

Welche Probleme haben wir für gewöhnlich bei der Ideenfindung?

Gerade EPUs sind oft alleine und versuchen alles alleine zu lösen. Dazu kommt die Angst vor Fehlern, die in unserer Gesellschaft stark ausgeprägt ist. Und der Wunsch gelobt zu werden, bzw. eine perfekte Idee, perfekte Arbeit abzuliefern, ist oft stark ausgeprägt. Das alles hemmt uns, sowohl im Denken, wie auch in der Umsetzung.

„Die Angst vor Fehlern ist stark ausgeprägt“

Das Gehirn braucht eine angstfreie Umgebung und den Austausch mit anderen. Einen Austausch, der anregt und frei von Urteilen ist. Ganz alleine aus den eingefahrenen Denkmustern auszusteigen ist im Vergleich dazu viel schwieriger. Bei unseren Ideen-Partys schaffen wir deshalb ein Setting, das den Teilnehmenden dabei hilft, mit anderen in Austausch zu treten – und Spaß macht.

Kannst du das Setting der Ideen-Party näher erklären?

Unsere Workshops habe alle eine wissenschaftliche Grundlage, sind aber dennoch sehr praxisorientiert. Nach einem kurzen Theorie-Input geht es darum, schnell ins Tun kommen. Dabei brauchen die Teilnehmenden keine Vorerfahrung und auch keine Vorbereitung.

„Einfach hinkommen zur Ideenparty – und los geht’s!“

Bei der Ideenparty geht es darum, in kurzer Zeit möglichst viel Input von unterschiedlichen Personen zu erhalten. Als Methode verwenden wir eine Mischung aus brainwalking und speed dating. Jeweils zwei Personen stellen sich gegenseitig ihre Ideen bzw. Ideenfragemente vor und bekommen dann Feedback – Ablauf und Feedback folgen einer klaren Struktur und haben ein Zeitlimit. So wird das Gehirn in einen konzentrierten Modus gezwungen und man bleibt bei der Sache.

Es gibt drei Runden mit unterschiedlichen Partnern, danach klingt der Abend locker bei Musik und Getränken aus. Da bleiben viele noch recht lange, weil man ja erstens voller Ideen ist, die man besprechen will. Zweitens ist man mit den anderen Teilnehmern auf einem viel persönlicheren Level , als bei normalen Netzwerktreffen. Da fällt dann auch das Plaudern leichter – und ist oft auch gleich viel sinnvoller.

Mag. Gloria Bottaro ist Innovationsforscherin am Institut für Philosophie der Universität Wien und Mitgründerin von GIZ-mo, dem mobilen Gründer- und Innovationszentrum.